Sowohl als Soloinstrument als auch im kammermusikalischen Kontext und im Ensemble kann das Akkordeon mit einer vielfältigen authentischen Literatur aufwarten. Gleichwohl ist es reizvoll, über die eigenständige, etwa 100-jährige Literaturgeschichte hinaus auch andere, vor allem ältere Quellen für das Akkordeon zu erschließen.
Viele Komponisten vor allem des Frühbarock und der Zeit davor haben nicht explizit für ein bestimmtes Instrument geschrieben. Im Zentrum stand die „reine“ Musik, und sie wurde mit den zu der Zeit verfügbaren Instrumenten realisiert. Wiedergaben mit dem Akkordeon sind legitim, und es gibt viele Beispiele geglückter Interpretationen von Werken aus dieser Epoche.
Die technische Verwandtschaft mit der Orgel – teilweise wurden ja auch schwingende Zungen in Orgeln selbst verbaut – legt die Transkriptionen von Orgelliteratur aus allen Epochen nahe – von Sweelinck bis Messiaen. Es gibt geglückte Versuche solistischer Transkriptionen. Werkgetreu umsetzbar allerdings sind Orgelwerke in der klassischen Ensemblestruktur des Akkordeons. Der Klang ist dem der Orgel verwandt, allerdings etwas feiner und transparenter, da bei der Orgel die Farbe des Klangs und die Lautstärke nur indirekt über die Registrierung beeinflussbar sind. Das Akkordeon dagegen ermöglicht durch den unmittelbaren Balgdruck eine differenzierte Kontrolle der Lautstärke.
Üblicherweise ist das Akkordeonensemble fünfstimmig aufgebaut, den Bass übernimmt ein spezielles Bassinstrument, das lediglich ein Manual in der rechten Hand hat. Manche Ensembles verwenden auch einen Kontrabass, der dem Klang eine besondere Würze verleiht. Die Instrumente werden im mehrstimmigen Spiel zumeist nur mit der rechten Hand gespielt.
Das Akkordeonensemble als ein chorisches Ensemble gleicher Instrumente bietet sich für Interpretationen all jener Literatur an, die nicht explizit die Klangfarben ausgewählter Instrumente als stilistisches Klangmittel verwendet. Hier geraten also neben nicht instrumental festgelegter Literatur vorzugsweise Werke der Streich- bzw. Kammermusik in den Blickpunkt, aber auch Holz- oder Blechbläserkompositionen, die ihre Mehrstimmigkeit innerhalb einer Instrumentengattung ausleben.
Letztlich findet sich die Legitimierung einer Interpretation nicht originaler Literatur für das Akkordeon in der persönlichen Freude der Musizierenden einerseits und in der Bestätigung eines geneigten Publikums andererseits.